Aufgabe und Verfahren
Die Berufsgerichtsbarkeit für Architekten in Baden-Württemberg wird durch staatliche Gerichte ausgeübt, die unabhängig und von der Architektenkammer Baden-Württemberg getrennt sind.
Die Berufsgerichte für Architekten in Baden-Württemberg ahnden die Verletzung von Berufspflichten, die sich aus dem Architektengesetz Baden-Württemberg und nachgeordneten Rechtsvorschriften, insbesondere der Berufsordnung ergeben.
Das Berufsgericht entscheidet in erster Instanz mit einem auf Lebenszeit ernannten Richter als Vorsitzenden und zwei Kammermitgliedern als Beisitzern. Gegen die Entscheidungen in erster Instanz kann Berufung beim Landesberufsgericht eingelegt werden, das in der Besetzung mit einem auf Lebenszeit ernannten Richter als Vorsitzenden, einem Beisitzer mit Befähigung zum Richteramt und drei Kammermitgliedern als Beisitzern entscheidet.
Dem Gerichtsverfahren geht ein Ermittlungsverfahren voraus, das von den Kammeranwälten auf entsprechende Anzeigen von Behörden, Bauherren, Kammermitgliedern oder Dritten eingeleitet wird. Die Kammeranwälte haben die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst und sind für jeden einzelnen Kammerbezirk bestellt. Sie unterliegen im Ermittlungsverfahren nicht den Weisungen der Architektenkammer Baden-Württemberg.
Wenn der Beschuldigte nach den Ergebnissen der Ermittlungen wegen eines Verstoßes gegen seine Berufspflichten hinreichend verdächtig ist, erhebt der zuständige Kammeranwalt Anklage vor dem Berufsgericht (Förmliches Verfahren) oder beantragt unter bestimmten Voraussetzungen eine Verurteilung im schriftlichen Verfahren (Nichtförmliches Verfahren). Anderenfalls stellt er das Ermittlungsverfahren im Einvernehmen mit dem Landesvorstand der Architektenkammer Baden-Württemberg ein.
Das Berufsgericht entscheidet aufgrund einer nichtöffentlichen Hauptverhandlung (Förmliches Verfahren) oder im schriftlichen Verfahren (Nichtförmliches Verfahren). Die Entscheidung ergeht im förmlichen Verfahren durch Urteil, im nichtförmlichen Verfahren durch Bescheid, und lautet auf Verurteilung zu einer berufsgerichtlichen Maßnahme oder auf Freispruch. Im Falle geringen Verschuldens kann durch Beschluss auf Einstellung des Verfahrens, gegebenenfalls unter Auflagen und Weisungen, erkannt werden. Die wichtigsten berufsgerichtlichen Maßnahmen sind der Verweis, die Geldbuße bis zu 25.000 Euro und die Löschung in der Architektenliste.
Das Landesberufsgericht entscheidet über Berufungen gegen Urteile und Bescheide des Berufsgerichts sowie über Beschwerden gegen Beschlüsse des Berufsgerichts. Darüber hinaus ist es für Klageerzwingungsverfahren, Wiederaufnahmeverfahren und Anträge gemäß § 18 Abs. 3 ArchG zuständig.
Die Hauptverhandlungen finden am Sitz der Gerichte in Stuttgart statt. Das Berufsgericht hält darüber hinaus auch Gerichtstage in Karlsruhe und Freiburg ab. Vor den Berufsgerichten besteht kein Anwaltszwang. Jeder Beschuldigte kann sich selbst verteidigen.